A Night In Monte Caterno (Partitur)

Katernberg, ein Stadtteil der Ruhrgebietsmetropole Essen, hat vor allem einen Vorteil: man kann den Namen „italienisieren“. Im übrigen ist der gesamte Titel des vorliegenden Werkes an den eines bekannten Jazz-Standards von Dizzy Gillespie angelehnt: A Night In Tunesia, und so findet sich – gewissermaßen als kleine Referenz – im folgenden Opus ein Zitat aus diesem Bebop-Stück, wenn auch nur ein sehr kurzes. Aus einer noch weiter zurückliegenden Zeit (und aus einem völlig unterschiedlichen Genre) stammt eine Komposition, die für eine weitere Passage als Vorlage diente: Es handelt sich um das Kopfmotiv aus Johann Sebastian Bachs berühmtesten Orgelwerk, allerdings nicht in der Originaltonart. Was gibt es noch in Katernberg oder besser in „Monte Caterno“? – Kasachstan. Ohne auf folkloristische Elemente zurückzugreifen, kann man zumindestens mit diesem Teil der früheren Sowjetunion sehr gut ab Takt 9 den Rhythmus der 2. Stimme einstudieren. Gibt es in Tunesien Pampelmusenplantagen? In Katernberg sicherlich nicht. Dennoch hilft diese gesunde Zitrusfrucht (die man wegen der üblen Wirkung des Zuckers stets ohne diesen verzehren sollte) beim Rhythmus, den die 2. Stimme ab Takt 45 spielen soll: Pam-pel-mu-sen es-sen al-le gern! Abgesehen vom Wahrheitsgehalt und dem Ausschließlichkeitsanspruch dieser Aussage, die man beide zu Recht anzweifeln mag, wird mit diesem Satz (oder besser mit seinem Prädikat) dennoch ein Anklang an die Stadt an der Ruhr (in dessen Grenzen sich auch der besagte Ortsteil Katernberg befindet) hergestellt. Etymologische Zusammenhänge (Etymologie = Lehre von der Herkunft, Geschichte und Grundbedeutung eines Wortes) sind jedoch auszuschließen, wenn man weiß, dass die Siedlung, auf der die heutige Großstadt Essen steht, „Assindia“ geheißen hat. Um zur Musik nochmals zu kommen: ein wenig „Großstadt-Feeling“ nützt dem Stück durchaus (man vergleiche auch die „walking bass“-Abschnitte, die Artikulation, sowie Rhythmik und Harmonik – alles Stilmittel, die für die Jazz-Musik signifikant sind und die man leichter als beispielsweise einen alpenländischen Zwiefachen dem Sujet „Großstadt“ zuordnen kann). Man mag dem entgegenhalten, das Ruhrgebiet (in seiner Gesamtheit) sei aber die einzige Großstadt der Welt, die speziell für Kleinstädter errichtet wurde. Oder anders ausgedrückt: Das Ruhrgebiet ist die einzige Kleinstadt, in der Großstädter nicht auffallen. Womit wir ein neues Dilemma für eine werkbezogene Interpretation hätten.